Die Veranstaltung von Gewinnspielen
im Bereich des Kommunikationsmarketings
von RA Lars Ziegenhagen, Zeitschrift TeleTalk, Ausg. Maerz 2000, Seite 25 ff.
Gewinnspiele sind aus dem Bereich der Telefonmehrwertdienste kaum mehr wegzudenken. Nahezu jedes Gewinnspiel im Rahmen des Produktmarketing wird heutzutage neben den klassischen Rückmeldemedien wie Postkarte, oder Brief mit einer zusätzlichen oder sogar ausschlieÃlichen telefonischen Response-Möglichkeit angeboten oder von Diensteanbietern selbst veranstaltet. Derartige Gewinnspiele finden sich unter allen gängigen Mehrwertdiensten von Free-Phone über Shared-Cost- bis zu Premium-Rate- Diensten.
Doch Gesetzgeber und Rechtsprechung haben die damit verbundenen Gefahren der Ausnutzung der Spielsucht und der Ablenkung des Verbrauchers von der eigentlich beworbenen Ware frühzeitig erkannt, und den Betrieb von Glücksspielen unter staatlichen Genehmigungsvorbehalt gestellt sowie der Lotteriesteuer unterworfen. Gleichzeitig wurden der Durchführung von Gewinnspielen wettbewerbsrechtliche Grenzen gesetzt. Grundsätzlich ist die ungenehmigte Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele, Lotterien und Ausspielungen strafbar und damit rechtswidrig. Zulässig sind Glücksspiele nur in staatlich lizensierten Spielbanken. Lotterien und Ausspielungen, die sich vom Glücksspiel durch einen feststehenden Gewinnplan beziehungsweise Sachpreise anstatt Geld-Gewinne unterscheiden, dürfen ebenfalls nur von lizensierten Lotteriegesellschaften veranstaltet werden. Wichtig: Ein Gewinnspiel erfüllt immer dann den Tatbestand des verbotenen Glücksspiels, der Lotterie oder der Ausspielung, wenn alle drei den Strafgesetzen zugrundeliegenden Merkmale, das sind ´Einsatz´, ´Zufälligkeit´ und ´Ãffentlichkeit´, erfüllt sind. Ob auch ein telefonisches Gewinnspiel als strafbares Glücksspiel anzusehen ist, ist je nach Einzelfall anhand jener zu beurteilen.
'Einsatz' beim Glücksspiel
Betrachtet man zunächst das Merkmal des Einsatzes, stellt sich die Frage, worin dieser bei einem telefonischen Gewinnspiel eigentlich liegen soll. Selten wird ein Anbieter wird von seinen Anrufern verlangen, vorab einen finanziellen Beitrag, an ihn oder einen Dritten zu entrichten - und gerade die Chance auf einen Gewinn „ohne Einsatz“ soll Kunden ja zur Teilnahme veranlasen. Aber Vorsicht, auch ein „verdeckter Einsatz“ ist für die Strafbarkeit ausreichend.
Bei den klassischen Medien kann der versteckte Einsatz darin liegen, daà für die Teilnahme der Kauf einer Zeitschrift oder ähnliches zwingende Voraussetzung ist, da nur dort die Teilnahmebedingungen, Preise, etc. erläutert werden. Hier liegt der „versteckte“ Einsatz also im Kaufpreis der Zeitung. Ãhnlich bei einer Gewinnspiel-Line: Hier zahlt der Anrufer, sofern es sich nicht um eine Free-Phone-Rufnummer handelt, die anfallenden Telefonkosten. Je nach Tarifierung und Dauer können die einen erheblichen Umfang erreichen. Diese Kosten kann man ebenfalls als „versteckten“ - da nicht direkt geforderten, aber dennoch zur Teilnahme notwendigen - Einsatz werten. Ein solcher Einsatz liegt nach den Kriterien der Rechtsprechung aber immer dann vor, wenn dieser nicht unbeachtlich ist. Die "Unbeachtlichkeitsgrenze" ist hierbei nicht genau definiert. Einige übereinstimmende Gerichtsentscheidungen sehen die Unbeachtlichkeit immer dann als gewahrt an, wenn der verlangte Einsatz den Gegenwert eines Briefportos nicht überschreitet. Ãberträgt man diese Ansicht auf den Bereich der Telefonmehrwertdienste, bedeutet dies, daà für die Teilnahme an einem Gewinnspiel beim Kunden keine höheren Gebühren als solche für einen gewöhnlichen Brief anfallen dürfen. Ob die "Unbeachtlichkeit des Einsatzes" auch gewahrt ist, wenn den Teilnehmern neben der teuren auch eine kostengünstige Teilnahmemöglichkeit zur Verfügung steht, beispielsweise eine Postkarte, ist stark umstritten und räumt die rechtlichen Risiken nicht aus.
Zufälligkeit des Glücksspiels
Als weiteres Merkmal des Glücksspiel verlangt die Rechtsprechung die „überwiegende Abhängigkeit der Gewinnchance vom Zufall“. Demgegenüber sind Geschicklichkeitsspiele, die im wesentlichen auf den Fähigkeiten der Teilnehmer aufbauen, nicht strafbar.Viele Gewinnspiele sind mit der Erbringung einer intellektuellen Leistung, z. B. der Beantwortung einer Quizfrage verbunden. Gerade solche Spiele verlangen nach einer längeren Verweildauer des Anrufers auf der Line, da ihm im Normalfall, bevor er überhaupt im Gewinnspiel teilnehmen kann, zunächst nochmals die Frage bzw. Aufgabe gestellt und erläutert werden muÃ. Ob derartige Quizfragen oder Aufgaben geeignet sind, die Gewinnchance vom Zufall unabhängig zu machen, ist wiederum eine Frage des Einzelfalls. Nach der einschlägigen Rechtsprechung zu dieser Problematik ist hierfür die Qualität der gestellten Aufgabe maÃgebend.
Ãffentlichkeit des Glücksspiels
Glücksspiele sind nur dann erlaubt, wenn sie nicht öffentlich betrieben werden. Ãffentlichkeit ist immer dann anzunehmen, wenn das Gewinnspiel nicht auf einen bestimmten Kreis von Teilnehmern beschränkt ist, sondern für eine Mehrzahl unbestimmter Personen veranstaltet wird, die weder als Mitglieder einer gleichgerichteten Interessengemeinschaft noch in persönlicher Hinsicht miteinander verbunden sind. Die hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien sind ebenso ungenau wie restriktiv. So wird zum Beispiel angenommen, daà die Möglichkeit des jederzeitigen Ein- und Ausstiegs aus dem Teilnehmerkreis Ãffentlichkeit herstellt. Da aber Gewinnspiele im Bereich der Mehrwertdienste und insbesondere im Produktmarketing in der Regel nur dann sinnvoll sind, wenn sie für jedermann zur Teilnahme offenstehen, dürfte die Schaffung eines Teilnehmerkreises nicht sinnvoll sein.
Wettbewerbsrechtliche Probleme
Neben der strafrechtlichen Relevanz von Gewinnspielen zählt auch die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit. Die grundsätzliche Zulässigkeit von Gewinnspielen als aleatorische, also vom Zufall abhängige, Werbemittel und Kaufanreize ist unbestritten. Im Interesse des lauteren Wettbewerbs werden Gewinnspiele jedoch dann als unzulässig eingestuft, wenn der Kunde übertrieben angelockt, getäuscht oder ein unmittelbarer Kaufzwang auf ihn ausgeübt wird.Die Erfüllung der erstgenannten Fälle kommt eigentlich nur dann in Betracht, wenn der Kunde entweder durch völlig überzogene und unverhältnismäÃig hohe Gewinnaussichten die Ware vollkommen aus dem Blickwinkel verliert oder wenn ihm bewuÃt Gewinne in Aussicht gestellt werden, die er in Wirklichkeit nicht erzielen kann, er also bewuÃt getäuscht wird. Daà diese beiden Möglichkeiten als unlauter anzusehen sind, versteht sich von selbst.
Zu beachten ist bei Mehrwertdiensteanbietern hingegen das Problem
des direkten oder indirekten Kaufzwangs. Wird eine Rufnummer beispielsweise auf ein Produkt aufgedruckt und ist nur dort veröffentlicht, kann hierin ein unzulässiger Kaufzwang für dieses Produkt liegen.
Werden Gewinnspiele im Rahmen von Mehrwertdiensten durch Diensteanbieter selbst veranstaltet, ist darauf zu achten, daà die Teilnahme am Gewinnspiel nicht von der Inanspruchnahme dieses Services abhängig gemacht und damit ein Kaufzwang ausgeübt wird. Für die Praxis heiÃt dies, daà der Anrufer stets die Möglichkeit haben muÃ, am Gewinnspiel teilnehmen zu können, ohne zur Teilnahme am Service gezwungen zu werden, zum Beispiel durch Voranstellung des Gewinnspieles vor den Service oder die Einrichtung eines Intro-Menüs mit Wahlmöglichkeit. Hierbei muà jedoch stets auch die zugrundeliegende Verpreisung beachtet werden, um sich nicht der Gefahr eines Glücksspieleinsatzes oder der Ãberschreitung der Geringfügigkeitsgrenze auszusetzen.
Fazit
Zusammenfassend ist die Veranstaltung von Gewinnspielen über Mehrwerttelefonie zwar nicht frei von rechtlichen Risiken, weshalb diese sorgfältig zu planen sind. Einerseits ist die Veranstaltung von Gewinnspielen über Mehrwerttelefonie ohne wirkliche Geschicklichkeitsleistung der Teilnehmer häufig mit dem Risiko behaftet, als unerlaubtes Glücksspiel, Lotterie oder Ausspielung zu gelten. Andererseits können Services wie 0190-0 beziehungsweise 0900-0 mit skalierbaren Block-Zeit-Tarifen die Durchführung erleichtern, da hierdurch die Gefahr des Glücksspieleinsatzes bei Kombination des Gewinnspiels mit anderen Services vermieden und eine Teilnahme unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze tariflich sichergestellt werden kann. Elementar sind diese VorsichtsmaÃnahmen auch für die Betreiber der Audiotex-Plattformen, denn selbst wer den Dienst nur technisch realisiert, kann schnell in die strafrechtliche Verantwortung gezogen werden. Grund: Der Gesetzgeber hat den Rahmen der Verantwortlichkeit sehr weit gezogen: Strafrechtlich verantwortlich ist jeder "Veranstalter, Halter oder Beteiligter an einem Glücksspiel". Im klassischen Glücksspielbereich reicht es beispielsweise aus, die Roulette-Tische zur Verfügung zu stellen. Dementsprechend kann auch der Diensteanbieter, der lediglich das Equipment zur Verfügung stellt, strafrechtlich in die Verantwortung geraten.